Konstruktivismus

Der Konstruktivismus wendet sich gegen das klassische Modell der Verständigung, deshalb beschreibe ich zunächst das Kommunikationsmodell, um den Konstruktivismus verständlicher zu machen.

Kommunikationsmodell:
1. im ursprünglichen Sinne (Sender–Empfänger–Modell) = Von einem Sender geht eine Botschaft aus, die bei einem Empfänger ankommt. Die Aktivität liegt beim Sender, der Empfänger hat eine passive Rolle. Demnach empfängt er genau die Botschaft, die der Sender verschickt hat.
2. Im überarbeiteten Sinne = Es wird davon ausgegangen, dass der Empfänger eine Botschaft einmal missverstehen oder gar nicht verstehen könnte. Der Empfänger hat bei dieser Vorstellung auch eine aktive Rolle, er kann den Sinn einer Botschaft beeinflussen. Diese Aktivität ist gegeben, wenn der Empfänger das Gesendete genau rekonstruiert und zudem beachtet, dass mit einer Aussage nie alles gesendet werden kann und der Sender manchmal auch nicht alles senden möchte. In diesem Fall muss der Empfänger das Nicht-Gesendete konstruieren. Im allgemeinen wird allerdings davon ausgegangen, dass wenn man aufmerksam ist, sich in den Sender hineinversetzt  und die Bedeutung der Worte und Sätze kennt, als Empfänger den eigentlichen Sinn einer Botschaft verstehen kann.

Wie schon gesagt richtet sich der Konstruktivismus gegen dieses Kommunikationsmodell, d.h. er basiert darauf, dass jeder Empfänger einer Botschaft ihren Sinn gibt, was an den Bedingungen menschlicher Wahrnehmung liegt.
Die Grundlage des Konstruktivismus bildet ein naturwissenschaftlich fundiertes Weltbild. Wichtig ist die Erkenntnis, dass jedes Nervensystem ein in sich abgeschlossenes System darstellt. Wahrnehmungen äußerer Reize sind also abhängig von diesem System. Reaktionen sagen demnach weniger über die äußeren Reize, als über die Bearbeitungsmöglichkeiten des Systems aus:
Der Empfänger ist ein Konstrukteur, der den eigentlichen Sinn einer Botschaft gar nicht erkennen kann, aber ein Bild oder einen Inhalt (- das, was in seinem Kopf entstanden ist -) für die tatsächliche Botschaft hält. In der Regel entwickelt der Mensch ein Verhalten, welches auf Erfahrungen basiert und bei dem davon auszugehen ist, dass er verstanden wird und andere seine Deutungen akzeptieren.
Eigentlich bedeutet dies, dass sich Menschen gar nicht richtig verstehen können. Allerdings gehen Sender und Empfänger im alltäglichen Leben davon aus, dass sie sowohl richtig senden, als auch richtig deuten. Die meisten Konstruktionen fallen also kaum auf, es können jedoch Probleme entstehen, wenn die Reaktion eines Empfängers zu einem Ergebnis führt, dass vom Sender nicht akzeptiert wird oder das umgekehrt nicht mehr so gedeutet werden kann, dass die vom Sender ausgehende Vorstellung der Situation noch Sinn macht. In diesem Fall muss das scheinbar Unverständliche versucht werden verständlich zu machen.

Ohne äußere Reize (Sendung einer Botschaft) wird es zu keiner Deutung kommen können, es gibt jedoch keine bestimmten äußeren Einflüsse, die festlegen, auf welche Art und Weise eine Botschaft gedeutet werden muss, bzw. wie darauf reagiert wird.